...
so, jetz schreib ich mir was aus der seele.
titel: ich wünsche mir mal eine ganz normale familie. so ganz normal.
meine familie war nicht normal. sie nicht nicht-normal aber auf jedenfall nicht : normal. unnormal. meine mutter sah aus wie nina hagen goes hippie oder goes ufo, mein vater sah aus wie könig alfons der viertevorzwölfter . ich sah ganz normal aus.
das lebensmotto meiner mutter war: um jedenpreis auffallen. je mehr leute auf der strasse glotzen, desto geiler, adrenalin pur. also trug sie sehr sehr lange röcke mit firlefanz und schleppe, schminkte sich wie nina hagen, und das schlimmste, das allerschlimmste waren die haare. sie rollte einen sehr langen pony paar mal um die hand zu einer riesen-locke, mitten an die vorderstirn, die sie mit vielen haarspangen und viel haarspray befästigte. die vorbereitungen für die locke waren sehr mühsam, meistens hat sie vier bis fünf anläufe gebracht. dabei regte sich mein vater immer auf dass wir zu spät kommen, was meiner mutter nichts ausmachte, denn ihr war das sowas von scheissegal. wir kamen immer irgendwo zu spät, großauftritt für die mama, alle glotzen und so wars gut. die riesentolle hat sie vor ein paar jahren aus altersgründen aufgegeben. da meine mutter kaum im ihren leben gearbeitet hat, hat sie tage damit verbracht in modekatalogen rumzusuchen, mich in der schule zu besuchen und mir beizubringen, wie man als emanzipierte frau, ein eigenständiges leben führt ohne dass man von meinung anderer leute abhängig wird und ohne dass man von einem mann abhängig wird.
mein vater war noch schlimmer, das lebensmotto meiners vater war: was nicht geht, das wird er schon zum gehen bringen. früher oder später . er hatte eine glänzende glatze, rechts und links locken-haare bis zur schultern, die er zuerst glatt streichelte, dann seitenweise ( je nach wetter lage) übereinnaderlappte. links über rechts oder rechts über links. oft musste ich runter gehen und schauen, von welcher seite der wind wehte, speziell für diese zwecke bekam ich ein paar seemanns-überlebens-tricks beigebracht. und viel haarspray. bei uns gabs keine drogen, wir haben alle haarspray gesnifft. das hobby meines vaters ( der war nur selten zuhause weil seemann), das hobby war ein gift-grüner vw-käfer aus dem jahre 1964 ( ein anderes hobby: zwang herbie-filme zu kucken -
Ein toller Käfer
Ein toller Käfer in der Rallye Monte Carlo
Herbie dreht durch
Herbie groß in Fahrt )
unglücklicherweise war das auch hobby meiner mutter, die sich nebenbei sehr für aussergewöhnliche mode und arme kinder interessiert hat, die armen kinder die immer meine spielsachen bekamen. alle normalen menschen fuhren ganz normale autos, wir führen einen giftgrünen, kaputten, uralten hässlichen vw käfer, der alle 300 meter stehen geblieben ist. zb mitten in der stadt, wo alle austeigen müssten und das ding anschieben müssten. alle glotzen und meine mutter war sehr glücklich. mein vater war fester überzeugung, dass er das auto mal zum laufen bringt, macht tip -top und alle die jetz lachen, die werden noch staunen. sonntags musste ich das auto putzen.
wenn sie sich stritten, dann schimpften sie in zwei verschiedenen sprachen, mein vater machte ständig meschugge-zeichen, klopfte sich auf die stirn, meine mutter schrie laut, drohte mit scheidung, drohte mit: du wirst noch sehen, ich drohte auch mit vielen sachen ( schlecht in der schule werden, geld klauen und abhauen, sich mit einer nadel mitten ins herz stehen) aber keiner hat auf mich gehört. so konnte ich keine drohung ernst machen, das hätt keiner bemerkt. ausser einmal: mit 7 jahren fuhr ich das auto grüne gift-auto fast schrott gegen eine garage und bekam das erste und das einzige mal in meinem leben popohauen. mit ner angel.
manchmal hab ich zum lieben gott gebetet, lieber herr gott, lass mir was einfallen, dass meine mutter nich mehr in die schule kommen muss wegen eltern-sprechtag ( da hat sie sich besonders schick gemacht, extra große stirn-tolle) und dass mein vater endlich mal ein gescheites auto kauft ( er kaufte danach noch 3 oder 4 alte käfern, die er alle versucht hat zu reparieren) und auf tip-top zu bringen. oder dass es sich raustellt, ich bin adoptiert und meine echten eltern, eine richtige spiesser famillie ( mutter sachbearbeiterin mit täschen und standard-dauerwelle und vater beamter, mit einer aktentasche und hornbrille). dass sie mich holen werden, ich werde brave klamotten tragen können, normales essen mit suppe und zweiten gericht und salat. mit solchen fantasien schlief ich ein und träumte vom normalem leben. mit 10 bin ich ausgezogen ins internat weil ich meine eltern nich mehr ertragen konnte. mit 14 kam ich zurück weil ich das internat leben und dortige spiesser-regeln nich mehr aushalten konnte.
meine eltern hielten nix von banken und haben bargeld zuhause gehortet, wo sie kein überblick hatten, wo ständig irgendwelche leute geld geklaut haben das rumlag, was meinen eltern nix ausmachte denn sie hielten nix von geld. es war ja da. versicherungen waren ein fremdwort, sowas braucht kein mensch, na vielleicht autoversicherung weil gesetz. gesetzbrechen auch kein problem, aber drauf waren sie nicht scharf. das haben sie früher gemacht. kein fernseh-verbot, kein cola-verbot, kein süssigkeitverbot. mahlzeiten bestehend aus süssigkeiten, egal. so wollte ich unbedingt in zukunft ein spiesser werden, was ich ums verrecken werden wollte, koste das was wolle, aber das hat sich als sehr schwierig erwiesen. ich hatte keine spiessergrundlagen, die man zuhause lernt. keine regeln, keine grenzen, geld wie heu, freiheit wie heu, alles wie heu. da wird man automatisch nicht spiessig, da hilft spiessige haltung, spiessig kucken und spiessige kleidung auch nicht. kommt nicht rüber, nimmt dir keiner ab. im nachinein , aus der perspektive, bin froh, dass es so war, wie es war. schicksal, kismet. das einzige was sie von mir verlangten, waren sehr gute schulnoten, aber das war kein problem. das werd ich ja von meinen kindern auch immer verlangen. was sein muss muss eben sein.
um etwas spiessiger zu werden hab ich mir folgendes überlegt:
- endlich mal ein füherschein machen
- die kinder nich mehr zwingen in david beckham kluft rumzulaufen
- in der wohnung mal lampen dranzumachen
- nicht mehr spiele spielen in der öffentlichkeit: wer über linien auf dem gehsteigweg geht, hat verloren
- nicht mehr spiele spielen in der öffentlichkeit: wer den blick abweicht oder zuerst lacht, hat verloren
- mal einen sparbuch anzulegen
- keine panikmache, wenn kein haarspray zuhause
- vorrätig milch kaufen und andere lebensmittel. auch vorrätig waschpulver, klopapier und putzmittel. vorrätig spülmittel. überhaupt vorräte anschaffen
- vielleicht ein paar daueraufträge um mahngebühren zu sparen
- vielleicht mal ein bisschen sparen
- vielleicht paar versicherungen abschliessen, sonst wenn man mich umbringt, gibts keine kohle für die nachkommen
- überlegen, ob wohneigentum doch nich die bessere alternative wäre
- diverse gegenstände nich mehr nach aussehen sondern nach funktionalitäten beurteilen
- dito menschen
- vielleicht mal darübernachzudenken, wie das überhaupt weiter geht und vielleicht ein paar lebenspläne machen.
titel: ich wünsche mir mal eine ganz normale familie. so ganz normal.
meine familie war nicht normal. sie nicht nicht-normal aber auf jedenfall nicht : normal. unnormal. meine mutter sah aus wie nina hagen goes hippie oder goes ufo, mein vater sah aus wie könig alfons der viertevorzwölfter . ich sah ganz normal aus.
das lebensmotto meiner mutter war: um jedenpreis auffallen. je mehr leute auf der strasse glotzen, desto geiler, adrenalin pur. also trug sie sehr sehr lange röcke mit firlefanz und schleppe, schminkte sich wie nina hagen, und das schlimmste, das allerschlimmste waren die haare. sie rollte einen sehr langen pony paar mal um die hand zu einer riesen-locke, mitten an die vorderstirn, die sie mit vielen haarspangen und viel haarspray befästigte. die vorbereitungen für die locke waren sehr mühsam, meistens hat sie vier bis fünf anläufe gebracht. dabei regte sich mein vater immer auf dass wir zu spät kommen, was meiner mutter nichts ausmachte, denn ihr war das sowas von scheissegal. wir kamen immer irgendwo zu spät, großauftritt für die mama, alle glotzen und so wars gut. die riesentolle hat sie vor ein paar jahren aus altersgründen aufgegeben. da meine mutter kaum im ihren leben gearbeitet hat, hat sie tage damit verbracht in modekatalogen rumzusuchen, mich in der schule zu besuchen und mir beizubringen, wie man als emanzipierte frau, ein eigenständiges leben führt ohne dass man von meinung anderer leute abhängig wird und ohne dass man von einem mann abhängig wird.
mein vater war noch schlimmer, das lebensmotto meiners vater war: was nicht geht, das wird er schon zum gehen bringen. früher oder später . er hatte eine glänzende glatze, rechts und links locken-haare bis zur schultern, die er zuerst glatt streichelte, dann seitenweise ( je nach wetter lage) übereinnaderlappte. links über rechts oder rechts über links. oft musste ich runter gehen und schauen, von welcher seite der wind wehte, speziell für diese zwecke bekam ich ein paar seemanns-überlebens-tricks beigebracht. und viel haarspray. bei uns gabs keine drogen, wir haben alle haarspray gesnifft. das hobby meines vaters ( der war nur selten zuhause weil seemann), das hobby war ein gift-grüner vw-käfer aus dem jahre 1964 ( ein anderes hobby: zwang herbie-filme zu kucken -
Ein toller Käfer
Ein toller Käfer in der Rallye Monte Carlo
Herbie dreht durch
Herbie groß in Fahrt )
unglücklicherweise war das auch hobby meiner mutter, die sich nebenbei sehr für aussergewöhnliche mode und arme kinder interessiert hat, die armen kinder die immer meine spielsachen bekamen. alle normalen menschen fuhren ganz normale autos, wir führen einen giftgrünen, kaputten, uralten hässlichen vw käfer, der alle 300 meter stehen geblieben ist. zb mitten in der stadt, wo alle austeigen müssten und das ding anschieben müssten. alle glotzen und meine mutter war sehr glücklich. mein vater war fester überzeugung, dass er das auto mal zum laufen bringt, macht tip -top und alle die jetz lachen, die werden noch staunen. sonntags musste ich das auto putzen.
wenn sie sich stritten, dann schimpften sie in zwei verschiedenen sprachen, mein vater machte ständig meschugge-zeichen, klopfte sich auf die stirn, meine mutter schrie laut, drohte mit scheidung, drohte mit: du wirst noch sehen, ich drohte auch mit vielen sachen ( schlecht in der schule werden, geld klauen und abhauen, sich mit einer nadel mitten ins herz stehen) aber keiner hat auf mich gehört. so konnte ich keine drohung ernst machen, das hätt keiner bemerkt. ausser einmal: mit 7 jahren fuhr ich das auto grüne gift-auto fast schrott gegen eine garage und bekam das erste und das einzige mal in meinem leben popohauen. mit ner angel.
manchmal hab ich zum lieben gott gebetet, lieber herr gott, lass mir was einfallen, dass meine mutter nich mehr in die schule kommen muss wegen eltern-sprechtag ( da hat sie sich besonders schick gemacht, extra große stirn-tolle) und dass mein vater endlich mal ein gescheites auto kauft ( er kaufte danach noch 3 oder 4 alte käfern, die er alle versucht hat zu reparieren) und auf tip-top zu bringen. oder dass es sich raustellt, ich bin adoptiert und meine echten eltern, eine richtige spiesser famillie ( mutter sachbearbeiterin mit täschen und standard-dauerwelle und vater beamter, mit einer aktentasche und hornbrille). dass sie mich holen werden, ich werde brave klamotten tragen können, normales essen mit suppe und zweiten gericht und salat. mit solchen fantasien schlief ich ein und träumte vom normalem leben. mit 10 bin ich ausgezogen ins internat weil ich meine eltern nich mehr ertragen konnte. mit 14 kam ich zurück weil ich das internat leben und dortige spiesser-regeln nich mehr aushalten konnte.
meine eltern hielten nix von banken und haben bargeld zuhause gehortet, wo sie kein überblick hatten, wo ständig irgendwelche leute geld geklaut haben das rumlag, was meinen eltern nix ausmachte denn sie hielten nix von geld. es war ja da. versicherungen waren ein fremdwort, sowas braucht kein mensch, na vielleicht autoversicherung weil gesetz. gesetzbrechen auch kein problem, aber drauf waren sie nicht scharf. das haben sie früher gemacht. kein fernseh-verbot, kein cola-verbot, kein süssigkeitverbot. mahlzeiten bestehend aus süssigkeiten, egal. so wollte ich unbedingt in zukunft ein spiesser werden, was ich ums verrecken werden wollte, koste das was wolle, aber das hat sich als sehr schwierig erwiesen. ich hatte keine spiessergrundlagen, die man zuhause lernt. keine regeln, keine grenzen, geld wie heu, freiheit wie heu, alles wie heu. da wird man automatisch nicht spiessig, da hilft spiessige haltung, spiessig kucken und spiessige kleidung auch nicht. kommt nicht rüber, nimmt dir keiner ab. im nachinein , aus der perspektive, bin froh, dass es so war, wie es war. schicksal, kismet. das einzige was sie von mir verlangten, waren sehr gute schulnoten, aber das war kein problem. das werd ich ja von meinen kindern auch immer verlangen. was sein muss muss eben sein.
um etwas spiessiger zu werden hab ich mir folgendes überlegt:
- endlich mal ein füherschein machen
- die kinder nich mehr zwingen in david beckham kluft rumzulaufen
- in der wohnung mal lampen dranzumachen
- nicht mehr spiele spielen in der öffentlichkeit: wer über linien auf dem gehsteigweg geht, hat verloren
- nicht mehr spiele spielen in der öffentlichkeit: wer den blick abweicht oder zuerst lacht, hat verloren
- mal einen sparbuch anzulegen
- keine panikmache, wenn kein haarspray zuhause
- vorrätig milch kaufen und andere lebensmittel. auch vorrätig waschpulver, klopapier und putzmittel. vorrätig spülmittel. überhaupt vorräte anschaffen
- vielleicht ein paar daueraufträge um mahngebühren zu sparen
- vielleicht mal ein bisschen sparen
- vielleicht paar versicherungen abschliessen, sonst wenn man mich umbringt, gibts keine kohle für die nachkommen
- überlegen, ob wohneigentum doch nich die bessere alternative wäre
- diverse gegenstände nich mehr nach aussehen sondern nach funktionalitäten beurteilen
- dito menschen
- vielleicht mal darübernachzudenken, wie das überhaupt weiter geht und vielleicht ein paar lebenspläne machen.
neuro - 20. Sep, 10:14