abt. kompliziert, konsekwent un(d)konventional

ob es gut ist, wenn man kompliziert lebt, weiss ich nicht. es ist aber nicht besser, wenn man unkompliziert lebt. komplikationen strengen das gehirn an. sauerstoff-fabrik. man muss immer nach einer lösung suchen, die lösung implementieren, die konsekwenzen ausbaden undsoweiter.

ich kenne auch niemanden, dem sein leben unkompliziert ist. keine einzige person. manche haben sich aufgegeben und meinen, sie sind - und - sie leben sehr unkompliziert, aber so einfach ist das nicht. du muss essen, den richtige jogurt aussuchen, schlafen, richtige schlafposition einnehmen, irgendetwas tun, denken, nachdenken, die gedanken abwehren, die gedanken verdrängen, die gedanken verarbeiten, oder daran arbeiten dass die gedanken sich von alleine verarbeiten, dann setzt du dich mit irgendetwas auseinander aus, von mir aus innerlich-auseinander-setzen, alles dinge, die nicht grade unkompliziert sind. da steckt eine riesen-maschinerie dahinter, gehirn, mandelkern, DNA, moleküle und vielleicht sogar die seele. darüber hab ich gestern nachgedacht, während ich gestern abend mit der bahn nach hause fuhr. ich sass sehr unkompliziert da und lass in einer unkomplizierter zeitschrift, die darüber berichtete, dass die farbe royal blau jetz ganz groß rauskommen soll. ich dachte dann darüber nach, dass ich diese farbe hasse und dass ich sie niemals trage werde. dann dachte ich darüber nach, dass ich sehr inkonsekwent bin in meinen denken und noch schlimmer, im handeln, denn ich habe auch über die leggings geschimpft, und laut geschworen, nie im leben wieder leggings zu tragen und was mache ich? ich kaufe mir am samstag leggings bei h&m.

und genau in solchen momenten wird mir immer vorübergehend konjuktiv klar, das leben könnte weniger kompliziert sein, wenn man konsekwenter wäre. ich habe wohl diese auffassung auch diesmal als eine art hiobsbotschaft innerlich aufgefasst, die ich offensichtlich ausserlich sehr deutlich zum ausdruck brachte. höchstwahrscheinlich sehe ich komisch aus, wenn ich hiobsbotschaften verinnerliche. eine frau in der bahn schaut mich an und lächelt, eine andere frau lächelt mich an, sogar ihr kind lächelt mich an. seit wann lächeln mich die kinder an. die kinder lächeln erst dann, wenn ich zuerst gelächelt habe. und die hunde wedeln mit den schwänzen erst dann, wenn ich zuerst so pptttzzzzzzzzzisch-geheimes-hunde geräusch mache, was nur die hundeohren wahrnehmen können. aber ich sehe auch dass ein hund mit dem schwanz wedelt. ich könnte sogar schwören, ich habe den eindruck gehabt, der hund lacht mich aus.

ich steige aus der bahn aus, mehrere männer ( davon einer sogar gutaussehend) lächeln mich an, ob sie mit dem schwanz wedeln, kann ich so im dunklen nicht auf anhieb erkennen. sie drehen sich um und ich denke, es ist die höchste zeit konsekwent und unkompliziert zu handeln. ich ziehe sehr unkompliziert, flink und konsekwent mitten auf dem weg meinen mantel aus um zu sehen, ob mir jemand einen blöden -zettel auf dem rücken geklebt hat, auf dem steht: diese frau ist komisch/blöd/inkosenkwent. die wahrscheinlichkeit dass mir jemand so einen zettel auf den rücken geklebt hat, war minimal aber sie bestand. dh. ich konnte nicht mit hundertprozentiger sicherheit diese möglichkeit ausschliessen.

und es war kein zettel dran geklebt. ich habe in wirklichkeit auch keinen zettel erwartet, SO BLÖD BIN ICH NICHT aber ich hoffte, da ist evntl. ein riesiger, hässlicher, ekliger spermavogelkacka-fleck drauf und deshalb schauen alle so blöd. ich schaue auch blöd, wenn ich männer in der bahn sehe mit so sperma-flecken auf der hose. ich habe halt eine logische erklärung erwartet. und! ich hatte kurz das gefühl, konsekwent gehandelt zu haben. aber ich fühlte mich dadurch nicht besser und eine logig war auch nirgends zu sehen. die leute glotzen weiter. vielleicht glotzen sie immer so und mir ist das an dem tag besonders aufgefallen? könnte sein. dass die menschliche wahrnehmung sehr variabel und äusserst flexibel ist. tatsache ist, wir sind sklaven der eigener gedanken, so die moderne neurowissenschaft. ich ertappe mich wieder beim komplizierten darüber-nachdenken, statt den lauf der dinge einfach so zu akzeptieren. ich spüre eine gedanken-kettenreaktion, die sich grade drauf vorbereitet, los zu legen. kann man eine beginnde gedankenkettenreaktionen stoppen? das geht schon, mit speziellen techniken, die wiederum auch sehr kompliziert sind. aber darüber andersmal.

es gibt immer wieder tage, wo ich versucht habe konsekwent zu leben. habe da schon mal öfters gesagt nein, der haarschnitt gefällt mir gar nicht, bitte korrigieren, ich habe schon mal gesagt bitte nicht den kleinen angebrannten brot, sondern den links da, den grösseren, ich habe auch schon mal sperenzschen gemacht beim kuchen-kaufen beim bäcker, wo ich sagte, ich will genau diesen stück ganz hinten, das mit der grössten erdbeere drauf. ich habe zu douglasverkäuferin auch schon mal direkt gesagt, dass mir die kaviar-cremes einfach zu teuer sind, ich habe schon mal die supermarktkassierein gefragt, ob sie mir bitte statt vier mal fünf-cent stück, eine zwanzigcent münze rausgibt und ich habe schon mal öfters an der supermarkt-schlange gesagt nein, ich habe auch nur die drei sachen wenn sich ein opa vorbeidrängen wollte. alles zeichen der konsekwenz angeblich. aber was bringt das. der haarschnitt wäscht sich beim nächsten mal haare-waschen wie durch ein wunder aus, so gut wie beim frisör bringe ich meine haare nie zum stylen, das schönere laib brot wird eh wieder nicht zu ende aufgegessen und halb weggeschmiessen, weil ich lieber frischen brot esse, und soweiter.

also lebe ich weiter unkonsekwent und kompliziert, aber eins will ich hier an der stelle schwören, das neue royal blau werd ich niemals tragen. niemals.

bl4

und tigerlook sowieso.
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